23 Januar 2012

Rezension: Gottschalks Fehlstart oder: Wie die ARD die Zukunft verschläft.

Ein Fehlstart mit einer neuen Sendung. Das passiert manchmal. Aber doch nicht Thomas Gottschalk, oder? Leider doch. Seine neue Sendung "Gottschalk Live!" hatte am Montagabend zwar über 4 Millionen Zuschauer, jedoch auch viele Kritiker. Inzwischen ist die Sendung wieder abgesetzt.

Man muss dieser Sendung vielleicht noch ein wenig Zeit geben. Nach über zwanzig Jahren "Wetten dass...?" hat Thomas Gottschalk schnell ein neues Sendeformat gefunden und geht mit der ARD von Montag bis Donnerstag um 19:20 Uhr auf Sendung. In seinem "Wohnzimmer" mit frei einsehbarer Fernsehredaktion, mit "Social Media-Beobachtern" und Rechtsexperten überlädt zunächst Gottschalk sein neues Sendekonzept. Er möchte die Zuschauer zur Partizipation an der Sendung bewegen, seinen Hollywood-Glanz auf uns abstrahlen und Gäste von einer menschlichen und künstlerisch wertvollen Seite zeigen. Ja - schöne Ideen, die dem deutschen Fernsehen in der Tat fehlen - aber warum machen es die Öffentlich-Rechtlichen Gottschalk so schwer? Er darf nicht nur eine Zeitung erwähnen - nein, neben der Leipziger Volkszeitung müssen auch der Trierische Volksfreund oder die Berliner Morgenpost im Bild gezeigt werden. Und die wenige Werbung, die die ARD vor 20 Uhr ausstrahlen darf, fällt genau in Gottschalks Sendezeit. Mit unsäglicher und austauschbarer, für den Zuschauer, aber kaum wahrnehmbarer Musik (und wer hätte gedacht, dass es die "Dandy Warhols" sind) unterbricht der Sender Gottschalks Redefluss, eine schöne Pointe vom ersten Gast der Sendung Michael Bully Herbig und zeigt nach zwei Werbeblöcken auch noch das Wetter. Es ist für den Zuschauer weder erkennbar warum, noch nach welchem Gutdünken die Werbeblöcke gesetzt werden. Es ist enttäuschend, dass dieses Konzept, dass Gottschalk nach eigener Aussage gerne "länger machen" möchte, so schlecht anläuft. Es steckt Potenzial in der Sendung, aber es bleibt zu befürchten, dass dies nie ganz ausgeschöpft werden kann, wenn morgen die Kritiken zur Sendung schlecht bis niederschmetternd sind, Gottschalk Jahreszahlen durcheinanderwürfelt ("Der Schuh des Manitu aus dem Jahr 1985") und die ARD an ihren Werbeblöcken festhält. -
Nicht alleine Gottschalk trifft die Schuld an diesem Fehlstart, auch nicht die Redaktion, die Gottschalk durch Zurufe unterstützt, es ist schlicht die ARD die hier die Zukunft verschlafen hat und damit riskiert, dass die Sendung floppt.


Nachbemerkung: Dass "Gottschalk Live!" abgesetzt wurde, hat dem deutschen Fernsehen keinen Schaden zugefügt. Bloß hat die ARD wieder einmal gezeigt, dass Quoten auch den Öffentlich-Rechtlichen immer wichtiger werden. Das ist ein schwerer Fehler! Thomas Gottschalk wird seinen Platz als einer der wichtigsten deutschen Unterhalter verteidigen; ein Patzer schadet ihm gar nicht.