12 Februar 2013

"Medienfasten": Die etwas andere Kur. – Eine ungewollt komische Bilanz.

Anstatt auf Süßkram oder Alkohol zu verzichten, plante ich dieses Jahr einen neuen Selbstversuch für die Fastenzeit: "Medienfasten". Eine ungewollt komische Bilanz.

Die meisten "Fastenwütigen" verzichten auf Zigaretten, Alkohol oder Süßkram.
Der Autor will auf Medien verzichten. Foto: eva.siebenhaar,
 Rechte: http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de
Zugegeben: Ich habe eine sehr, sehr lange Zeit gebraucht, um mich von den konventionell-kritischen Tönen gegenüber Smartphones und "dem Internet" loszumachen. Genauer gesagt stand ich dem Internet sogar noch skeptisch gegenüber als ich begann "kulturlog" zu schreiben. Das ist nun beinahe 2 Jahre her. Seitdem hat sich meine Internetnutzung verdoppelt, mein altes Nokia-Handy (inklusive Schwarz-weiß-Bildschirm und schädlichen Strahlen) wurde durch ein iPhone ersetzt und auch meine langjährige Facebook-Abstinenz wurde im Mai 2012 gebrochen. Auch zwitscherte ich zwischen Juli 2011 und August 2012. Doch spätestens als immer mehr "Twitterexperten"in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern auftauchten war ich mir sicher, dass ich mit meiner Entscheidung gegen weiteres "Gezwitscher" richtig gelegen hatte. Das Aufrufen von Spiegel Online, stern.de und das Überfliegen der Webseite des "Freitags" gehörten nach kurzer Zeit schon direkt nach dem Aufstehen zu einem gelungenen Morgen dazu wie die obligatorischen Tassen Kaffee. Ich schrieb mindestens dreifach so viele E-Mails wie früher (und unter Zweidritteln fand sich der Hinweis: "von meinem iPhone gesendet"), tippte kaum noch SMS, verschickte dafür aber umso mehr Medien, Sprachnotizen und Nachrichten per Whatsapp. Kurzum: Das Smartphone hatte in kurzer Zeit mein Online- und Medienverhalten umgekrempelt. Von einem Online-Skeptiker war ich zu einem Online-Begeisterten geworden. Zumindest begeisterten mich die mannigfaltigen Möglichkeiten, die ich mit einem winzigen Gerät hatte, das dazu auch noch umwerfend aussah. Doch auch stellte ich immer wieder fest, dass Smartphones ganz schön nervig sein konnten. Wollte ich zum Beispiel ungestört Musik hören, musste ich den Ton meiner Nachrichtendienste auf dem Handy ausschalten. Tat ich das, verpasste ich trotz Vibrationsalarm zuweilen wichtige Anrufe. Ab und zu vergas ich in der Nacht das Telefon stumm zu stellen - man schellte mich aus dem Schlaf. Manchmal auch durch mehr als unnötige "Eilmeldungen" von S.P.O.N. Es interessierte mich in meiner nächtlichen Ruhe einfach nicht, dass das "Spitzenspiel Bayern gegen den BVB torlos" zu Ende gegangen war. Natürlich hätte ich mein Handy einfach ausschalten können; da kam ich aber erst später drauf. Eine Zeit lang fühlte ich mich wie ein Sklave meines Telefons. Anrufe musste ich sofort annehmen, Whatsapp-Nachrichten und SMS umgehend beantworten. Daher war ich letztes Jahr auch sehr erstaunt, als ich das erste Mal von "Medienfasten" hörten. Bei dieser neuen Art des Fastens verzichten Menschen nicht auf ungesunden Kram wie Zigaretten oder Süßigkeiten sondern auf das aktiv sein im Internet. Manche schalten bloß Facebook ab, andere schalten ihren Router vollständig aus. An sich ist das ja eine feine Sache. Bloß überlege ich mir immer wieder welchen unheilbaren Schock ich erlitte, wenn ich nach der Fastenzeit mein Postfach öffne und hunderte ungelesener E-Mails empfange und diese auch noch beantworten muss. Die Facebook-Nachrichten würde ich überfliegen und vermutlich nicht beantworten, außerdem bräuchte ich immer Stunden um die aktuellsten Neuigkeiten herauszufinden. Das Fernsehen bringt Eilmeldungen nämlich mindestens eine halbe Stunde nachdem S.P.O.N. oder die "tagesschau"-App selbige brachten. Manch "Fastenwütiger" verzichtet lieber auf andere Medien. Tageszeitungen (naja - darauf verzichten viele bereits so!), Radio (wer hört sich denn eine halbe Stunde Werbung an?) oder das Fernsehen (nur sinnvoll, wenn man ständig RTL2 oder VOX oder ähnliches schaut). Ich habe mich noch immer nicht entschieden in welcher Form und mit welchen Medien ich fasten sollte, aber eines weiß ich: Alleine für den Begriff "Medienfasten" lohnt es sich über diese spezielle und etwas andere Kur nachzudenken!