11 März 2013

Til Schweiger, der Rabatzmacher. – Eine "Tatort"-Rezension.

12,5 Millionen Deutsche wollten Til Schweiger als Kommissar Nick Tschiller in seinem "Tatort"-Debüt "Willkommen in Hamburg" sehen. Das hat seit fast 20 Jahren kein Tatort mehr geschafft. Im Vorfeld jedoch gab es vor allem in den Feuilletons einen erheblichen Kleinkrieg um Til Schweiger als Tatort-Kommissar. Eine bessere PR hätte die ARD sich nicht wünschen können und auch Schweiger selbst profitiert davon. Seine Polarisation hat System. 

Dass Til Schweiger einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler im Kino und nun auch noch im Fernsehen ist, hat er mit seinem "Tatort"-Debüt "Willkommen in Hamburg", welches am 10.03.2013 in der ARD lief erneut eindrucksvoll unterstrichen. Dass er polarisiert auch. Zwölfeinhalb Millionen (!) Menschen schalteten ein als der neue Kommissar Nick Tschiller und sein Partner Yalcin Gümer (humorvoll und herausragend gespielt von Fahri Yardim) gegen eine Bande von Mädchenhändlern ermittelten. Besonders an diesem Tatort war in erster Linie nicht die Geschichte, die stellenweise an Logik zu wünschen übrig ließ, sondern vielmehr die im Vorfeld dieses "Tatorts" hitzig geführten Debatten um die Tradition des "Tatorts" und die Person Schweiger in den Feuilletons. Viele Kritiker störten sich an der Art wie Til Schweiger den "Tatort" und seine Figur interpretierte. Wenn es nach Schweiger ginge hätte aus Nick Tschiller ein Schimanski des 21.Jahrhunderts werden sollen. Referenzen an den großen Götz George gab es genug. War Schimanskis erstes Wort "Scheiße" so fluchte Schweiger leise "Fuck!". Schweiger ballerte wild um sich, Schimanski erschoss in seinem ersten "Tatort" unabsichtlich seine Freundin. Doch Til Schweiger ist nun einmal nicht Götz George und Nick Tschiller ist nicht Horst Schimanski. Gut so! Denn Schweiger hat mit der von ihm mitentwickelten Figur einen großen Sprung gewagt und eine neue Ära des "Tatorts" ausgelotet. Vorbei sind die Zeiten in denen Ernst Bienzle (Dietz-Werner Steck) gemütlich schwäbelnd von Tatort zu Tatort lief und ein bisschen Columbo-ähnlich die Fälle eher im Vorbeigehen löste. Vorbei auch die Zeiten in denen Tatorte dazu neigten gesellschaftlich umstrittene Themen auszuschlachten und diese mal mehr mal weniger schlecht in eine "glaubwürdige" Geschichte zu pressen. Til Schweiger macht Rabatz! Und zwar so richtig. Sein Kommissar ballert wild um sich, fühlt dabei keine Reue und ist nur sich selbst verpflichtet. Er hat ein eigenes Wertesystem und wird von vielen zu unrecht als Macho abgestempelt. Diese Einordnung "Macho", "nur sich selbst verpflichtet", "eigenes Wertesystem" hat man im Zusammenhang mit Schweiger schon oft gehört. Viele Kritiker glauben, dass Til Schweiger und seine Figuren ein und dieselbe Person sind, deckungsgleich beinahe. Deshalb sind nicht bloß sie Zielscheiben der Häme der Kritiker sondern auch Schweiger selbst. Seine Polarisation hat System. Seine Kritiker beschweren sich über seine Arroganz, viele Menschen hassen ihn angeblich. Aber dennoch gehen jedes Jahr mehrere Millionen Menschen in seine Kinofilme. "Schutzengel", "Keinohrhasen", "Barfuss". Die Liste seiner Filmerfolge ist lang. Warum also beschweren sich gestandene Filmkritiker über einen "Tatort". Weil es das Flaggschiff der ARD-Unterhaltung ist? Weil der Tatort "Kult" ist? - Wie Nick Tschiller trifft Schweiger hierbei ins Schwarze. Sein erster Tatort ist unterhaltsam. Ein Fernsehfilm in bester Popcorn-Manier, der schnell zum Kult werden wird. Denn einen nuschelnden Kommissar mit einer derben Hau-Drauf-Einstellung und einem amüsanten Partner, wird sich im kollektiven Tatort-Gedächtnis der Deutschen verankern. 

Ob man Til Schweiger mag oder nicht - ähnlich wie Matthias Schweighöfers Filme orientiert sich Schweiger an den Interessen und Vorlieben der Kinogänger und Fernsehzuschauer. Seine Filme werden niemals "Sunset Boulevard" werden, aber sie unterhalten uns. Das ist das System Schweiger. Unterhaltung statt Überforderung.